Eine Frage beschäftigt mich schon die letzten Tage: Social Media, schön und gut – aber daran ist doch eigentlich nichts sozial, oder wie seht ihr das?
Das Wort „sozial“ und seine obskuren Bedeutungen
Nachdem mir die Frage keine Ruhe gelassen hat, habe ich gestern das Internet bemüht. Und Wikipedia. Und noch ein paar andere Seiten. Immerhin heisst es ja immer wieder: GIYF, in den so ’sozialen Chats‘. Google Is Your Friend. Na, wohl dem, der auch noch ein paar andere, richtige Freunde hat. Die brauchen dann auch gar nicht so gescheit sein, wie Google. Halb so viel ist auch genug, der Rest macht nur Kopfweh.
Also, zu den Ergebnissen: Das Wort „sozial“ kommt vom lateinischen „socialis“ und das bedeutet soviel wie gesellschaftlich oder gemeinschaftlich – aber auch der Gesellschaft zugewandt, hilfsbereit, grosszügig und an anderen Menschen interessiert (anstatt völlig auf sich selbst bezogen) und empathisch. Alles klar, so viel hätte ich auch gerade noch gewusst. Nicht so schön formuliert vielleicht, aber der Inhalt war mir klar.
Ich weiss jetzt aber immer noch nicht, was an den sozialen Medien sozial sein soll.
In den sozialen Medien ist nämlich gar nichts gemeinschaftlich – und gesellschaftlich auch nicht. Eigentlich sind die sozialen Medien höchstens ein gemeinschaftlich-gesellschaftliches Problem: weil nämlich keiner mehr wirklich miteinander redet. Zusammensitzt, gemeinsam isst, Spass hat oder gemeinsam einfach ein Pflümli kippt. In den sogenannten sozialen Medien geht das alles nur recht schwer, nicht?
Hilfsbereit, grosszügig, empathisch und an anderen Menschen ehrlich interessiert. Ja, das erlebe ich auch, tagtäglich, in den sozialen Medien. Wer könnte denn sagen, dass das Gesichtsbuch lediglich ein Ort rauschender (oder berauschter) Selbstdarstellung ist, ein Beweis der eigenen Grösse und Grossartigkeit und der eigenen überragenden Beliebtheit.
Natürlich nicht. Facebook ist voll von empathischen und hilfsbereiten, grosszügigen Menschen, die nie auf den eigenen Vorteil schauen. Und sich nie zur Schau stellen müssen. Na klar.
Und jeder zweite sitzt vor seinem Telefon – oder vor dem Tablet – und unterhält sich mit jemand anderem, dem auch langweilig ist, über getippte, verkrüppelte Sätze und über blosse Schlagworte. Zum echten Miteinander Reden fehlt ja der Platz – und das wären auch viel zu viele Buchstaben. Sehr sozial, wirklich. Diese Nähe, dieser tief gehende Austausch. Total lebensverändernd. Ich bin beeindruckt.
Leute: Möchte vielleicht irgendjemand noch zum Essen kommen, heute Abend, und auf ein, zwei Biere? -Oder sollen wir lieber chatten?
Sozial wie…
Meine Freundin schaute mir gestern bei meiner Recherche so über die Schulter, und tippte dann freundlich nickend auf ein weiteres Wort, auf der Wikipedia-Seite. ‚S
ozialismus‘. „An dem“, sagt sie, „war auch nichts sozial“. Wo meine kluge Freundin recht hat, hat sie recht.
Ja, das ist es: Soziale Medien sind so sozial… wie der Sozialismus. Alles, was die Gesellschaft ganz sicher nicht braucht. Wir brauchen alle Menschen um uns herum. Echte Menschen – und kein Twitter-Gepiepe. Lasst die Vögel mal auf dem Dach.
Also, wie ist es – wer möchte gerne heut Abend zum Essen kommen? Auf ein wirklich soziales Gespräch? Mal so zur Abwechslung?
Ein Kommentar
Ihr habt hier wirklich einen interessanten Artikel veröffentlicht. Ich gebe teilweise recht. Zum anderen muss man aber auch sagen das ich z. B. Durch Facebook einige neue Menschen kennengelernt habe, welche ich ohne fb kaum kennengelernt hätte.
Euer speedy